Raja-Yoga

Raja Yoga - die acht Stufen

Die Acht Stufen des Raja Yoga werden auch als "Ashtangas" bezeichnet: "Ashta" heißt acht, "Anga" heißt Glieder oder Teile. Raja Yoga stammt von Patanjali, der vor ca. 2000 Jahren das Yoga Sutra geschrieben hat. Im 2. Kapitel des Yoga Sutra werden die acht Stufen des Raja Yoga beschrieben.

Die acht Stufen werden wie folgt eingeteilt:

  1. Yamas (Umgang mit der Welt, Umwelt)
  2. Niyamas (Ethische Regeln im Umgang mit sich selbst)
  3. Asanas (Körperübungen)
  4. Pranayama (Atemtechniken bzw. Pranatechniken)
  5. Pratyahara (Lenkung der Sinne nach innen)
  6. Dharana (Konzentration)
  7. Dhyana (Meditation)
  8. Samadhi (innere Freiheit)

Yama - der Umgang mit den Mitmenschen

Hatha Yoga Rödermark Tatjana KIst

Mit Yama (Nächstenliebe) werden ethische Grundregeln im Yoga beschrieben, die im Umgang mit Menschen gelten. 

Es werden fünf Yamas beschrieben:

1. Ahimsa: man sollte andere nicht Verletzen, ihnen Mitgefühl und Liebe zeigen, Gewaltlosigkeit auch in Gedanken

2. Satya: Wahrhaftigkeit: sei immer ehrlich zu anderen, verhalte dich aufrichtig

3. Asteya: Nehme nichts, was nicht dir gehört, nicht stehlen oder anders formuliert, sei großzügig und gebe 

4. Brahmacharya: Vermeiden von sexuellem Fehlverhalten, sei respektvoll im sexuellen Verhalten 

5. Aparigraha: Unbestechlichkeit; Großzügigkeit, Freundlichkeit, ohne Hintergedanken; Aufgeben von Gewinnsucht; Abwesenheit von Gier

Niyama - persönliche Disziplin

Niyama sind Gebote oder ein Verhaltungskodex für sich selbst. Niyama ist eine Art persönlicher Lebensstil. 

Es gibt fünf Niyamas:

1. Saucha: Saucha bedeutet Reinheit (Sattva). Dies beinhaltet sattvige Ernahrung, schlichte Kleidung, eine reine, freundliche Sprache und so weiter. Es bezieht sich aber auch auf Reinheit in deinem  zu Hause, im Büro, usw., sowie auch auf die Klarheit des Geistes. 

2. Santosha: Santosha heißt Zufriedenheit. Man nimmt alle Dinge, die geschehen an und versucht daran zu wachsen. Man akzeptiert die Menschen wie sie sind. Santosha bedeutet auch, zufriedener sein, als der andere. Man zieht ein gutes Selbstbild aus seiner Zufriedenheit. 

Beispiel: Santocha mit den eigenen Kindern heißt: Die eigenen Kinder sind so wie sie sind. Man muss nicht schimpfen und über ihr Verhalten frustriert sein. Versuche positive Impulse zu setzen. Santosha heißt, den anderen so zu nehmen wie er/ sie ist. Es beinhaltet auch die eigene Selbstzufriedenheit anstatt sich ständig Vorwürfe zu machen.

3. Tapas: Tapas hat viele verschiedene Bedeutungen. Es ist eine Lebenseinstellung, dass du Energie in alles bringst, was du tust. Tue alles mit Freude und Hingabe. Es gibt im Englischen den Ausdruck: „Love it, change it or leave it!“ „Liebe es, verändere es oder lass es sein!“  Tapas bedeutet auch das Gegenteil: Übe dich auch in Askese bzw. tue auch mal was, was du nicht magsts, um deine Disziplin zu schulen.

4. Swadhyaya: Swadhyaya heisst zum einen Selbsterkundung und Selbstreflexion. Warum denkst, fühlst und handelst du so wie du denkst, fühlst und handelst? 

Swadhyaya beinhaltet auch eigenes Studium der Schriften. „Lies täglich in einer Schrift oder in einem Buch oder Werk eines selbstverwirklichten Meisters.“ Lass dich inspirieren.

Swadhyaya bedeutet auch Selbstbefragung: „Wer bin ich?“ Richte dich auf das höchste Selbst aus.

5. Ishvara Pranidhana: Und das fünfte Niyama ist Ishvara Pranidhana. Es heißt Hingabe an Gott. Richte dich nach innen aus und erfahre das Göttliche.

Asanas - Haltungen

Das dritte Glied des Yoga ist Asana oder Haltungen. Asanas sind keine rein gymnastischen Übungen. Wenn man Asanas praktiziert, entwickeln sich Beweglichkeit, Ausgeglichenheit, Ausdauer und große Vitalität. Die Asanas wurden entwickelt, um jeden Muskel, jeden Nerv und jede Drüse des Körpers zu trainieren. Durch die Übungen wird Müdigkeit abgebaut und die Nerven beruhigt. Die Gedanken kommen zur Ruhe und die Kontrolle über den Körper wird erreicht. 

Pranayama - Atemtechniken bzw. Pranatechniken

Prana bedeutet Atem, Leben, Vitalität, Energie oder Kraft. Ayama bedeutet Länge, Ausdehnung, Ausstrecken oder Zurückziehen. So bedeutet Pranayama die Ausdehnung des Atems und seine Beherrschung. Die Kontrolle bezieht sich auf alle Bereiche: Einatmen, Ausatmen, Anhalten des Atems. 

Pranayama sollte von einem unwissenden oder unerfahrenem Yogi nicht einfach auf eigene Faust praktiziert werden. Es bedarf einiger Vorbereitungen und Einführung zu den einzelnen Atemtechniken. "So wie Löwen, Elefanten und Tiger sehr langsam und vorsichtig geähmt werden, so sollte Prana sehr langsam, stufenweise und entsprechend den Fähigkeiten und körperlichen Begrenzungen unter Kontrolle gebracht werden. Sonst tötet es den Übenden." (Hatha Yoga Pradipika Kap. II, 16)

Das Leben des Yogi bemißt sich nicht nach der Zahl seiner Lebenstage, sondern nach der Anzahl seiner Atemzüge. Zuerst muss gleichmäßiges Atme beherrscht werden, eher andere Techniken erlernt werden. 

Emotionen und Aufregungunen beeinflussen die Geschwindigkeit  der Atmung. Andersherum hält ein gleichmäßiger, ruhiger Atem die emotionale Erregung in Schach. Um die Kontrolle und Beruhigung der Gedanken zu erlangen, muss Pranayama geübt werden. Meistern man die Kontrolle über die Atmung, befähigt es den Yogi die Sinne zu kontrollieren und dadurch die nächste Stufe des Pratyahara zu erreichen. Erst dann ist das Denken zur Konzentration fähig.


Pratyahara - Lenkung der Sinne nach innen

Die Sinne wenden sich bei rhytmischer Atemkontrolle nach innen, statt äußeren Gegenständen des Begehrens nachzulaufen. In der fünsten Stufe werden die Sinne unter Kontrolle gebracht. In dieser Stufe unternimmt der Yoga-Schüler eine prüfende Selbsterforschung. Die Gedanken sind für die Menschen der Grund für Bindung und Befreiung. Wenn sie an Gegenständen der Begierde haften, führen sie zur Gebundenheit. Bindung besteht, wenn man etwas begehrt, trauert oder über etwas unglücklich ist. Die Gedanken werden rein, wenn alle Begierden und Ängste aufgehoben sind. Das Gute und das Angenehme bieten sich dem Menschen an und treiben ihn zu Handlungen. Der Yogi zieht das Gute dem Angenehmen vor. Andere, die von ihren Begierden getrieben werden, ziehen das Vergnügen dem Guten vor. 


Dharana - Konzentration auf einen Punkt

Dharana ist die sechste Stufe, wo der Geist durch die Konzentration auf ein Objekt zur Einpünktigkeit (Ekagrata) gebracht wird und so auf die Meditation (Dhyana) vorbereitet wird.

"Man fixiert den Geist auf einen äußeren Gegenstand oder einen Punkt im Innern. Konzentration ist ein rein geistiger Vorgang. Sie erfordert eine innere Wendung des Geistes. Wenn man seinen Geist zwölf Sekunden lang auf einen Punkt richtet, ist es Dharana. Zwölf solcher Dharanas sind ein Dhyana (Meditation). zwölf solcher Dhyanas sind Samadhi (Überbewusstsein). Konzentration bedeutet Fixierung des Geistes. Meditation lässt eine Idee dauernd weiterfließen." 

(Swami Sivananda)

Dhyana - Meditation

Meditation ist das siebte der acht Glieder im Raja Yoga System. Dhyana kann aus dem Sanskrit  ins Deutsche übersetzt werden mit das Sinnen, Nachdenken, Betrachtung, Andacht. 

Wenn Du überhaupt nichts tust, weder körperlich, noch geistig, auf keiner Ebene, wenn alle Aktivitäten aufgehört haben und Du einfach nur bist - pures Sein - das ist Meditation. Meditation ist ein Bewusstseinszustand. Man muss sich nicht aus dem Leben zurückziehen, um Meditation auszuüben. Man sollte lernen in seiner Mitte zu bleiben. In der Meditation begibst Du Dich in die Mitte des Zyklons, wirst zum Auge des Hurrikans, statt Dich außen von ihm herumwirbeln zu lassen. Das Leben wird durch Dhyana klarer, intensiver und kreativer. Du hast Distanz, bist ein stiller Wächter auf dem Berg, der alles von oben betrachtet. Du bist der, der zuschaut und nicht der, der handelt. Durch Meditation entsteht eine komplett neue Orientierung, denn die Spannungsmuster der körperlichen, mentalen und emotionalen Spannungen, die in den Tiefen der Persönlichkeit verborgen liegen, lassen sich durch Dhyana Yoga lösen. Durch Dhyana Yoga kann die Lebensweise und Persönlichkeit neu ausgerichtet und verändert werden. Durch Yoga erlangen wir einen Zustand der mentalen Ruhe, welche den gesamten Körper beeinflusst und die Spannungen löst. Unser Gehirn ist in ständiger Erregung und Angst, selbst wenn wir schlafen, sind die Gehirnwellen negativ gepolt. In diesem Zustand ist das Gehirn der Ausgangspunkt aller schlechten Gedanken und unsere Persönlichkeit kommt verzerrt zum Ausdruck. Meditation basiert auf einer einfachen Einsicht: Anstatt gegen sich selbst anzukämpfen und zu versuchen noch besser zu werden oder den Vorstellungen anderer zu entsprechen und ihnen gerecht zu werden - beginne einfach sich selbst anzunehmen, so wie Du bist. Wenn du aufhörst Dich zu rechtfertigen und Du nicht mehr darüber nachdenken musst, welchen Eindruck Du bei anderen erweckst, wenn Du Deine Gefühle und Wünsche nicht mehr verbergen musst, auch nicht vor Dir selbst, sondern sie offen dem Bewusstsein offenbarst, dann wir Heilung von selbst eintreten. Unser Kopf ist wie ein Biocomputer. Wenn Du ihn brauchst, benutze ihn. Wenn nicht, lerne den Ausschaltknopf zu benutzen und ihn anzuschalten, wenn Du ihn brauchst. 


"Wie das Wasser die Form seines Behälters annimmt, so nimmt das Denken, wenn es einen Gegenstand betrachtet, dessen Form an. Wenn man über die alles durchdringende Gottheit nachdenkt, die man verehrt, wird man am Ende durch lange un dununterbrochene Verehrung dieser Gottheit gleich. Wenn Öl von einem Gefäß ins andere gefühlt wird, kann man den stetigen Fluß betrachten. Wenn der Strom der Konzentration nicht unterbrochen wird, erwacht der Zustand der Meditation. Wie der Draht in einer elektrischen Glühbirne glüht und leuchtet, wenn Strom ungestört hindurchfließt, so wird das Denken des Yogi durch Dhyana erleuchtet. Körper, Atem, Bewusstsein, Verstand und Ich werden in das Objekt seiner Kontemplation, den Universalen Geist, integriert. Es gibt kein anderes Gefühl als den Zustand höchster Glückseligkeit. Wie ein Blitz sieht der Yogi Licht, das jenseits Erde und Himmel aufflammt. Er sieht das Licht, das in seinem Herzen scheint. Er wird selbst für sich und andere zum Licht." (B.K.S. Iyengar)

Samadhi - Erleuchtung, Überbewusstsein

Samadhi ist ein Zustand vom Überbewusstsein. Samadhi ist Vereinigung mit Gott. Es ist eine übersinnliche Erfahrung. Samadhi ist das höchste Ziel, welches man durch Meditation erreichen kann. 

Hatha Yoga

"Der Herr der Sinne ist der Verstand, der Herr des Verstandes ist der Atem; der Meister des Atems ist das Nervensystem - die Ruhe der Nerven und die Konzentration hängen allein von dem regelmäßigen, weichen und rhythmischen Geräusch des Ein- und Ausatmens ab."

Hatha Yoga Pradipika


"Yoga ist keine Theorie, sondern ein praktischer Lebensweg. Wenn Sie niemals Honig gekostet haben, kann ich Ihnen noch so oft von seinem guten Geschmack erzählen - Sie werden so lange nicht wirklich wissen, wie er schmeckt, bis Sie ihn selbst probiert haben. Praktizieren Sie Yoga und Sie entdecken seine Vorteile."

Swami Vishnudevananda



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